Diese Woche hatte ich mal wieder einen klassischen Online-Dreiecksbetrug auf dem Tisch. Der Mandant, der in einem Strafverfahren angeklagt ist und bereits von einem älteren Kollegen vertreten wird, wollte eine zweite Meinung. Und ich bin immer wieder bass erstaunt, wie wenig diese Online-Betrugsmaschen selbst bei eigentlich guten und kompetenten Kollegen bekannt sind. Dabei ist die Konstellation ganz simpel. Der Betrug basiert im Wesentlichen darauf, dass es Online ganz leicht ist, sich als jemand anderes auszugeben, und funktioniert so:
Der redliche Verkäufer bietet im Internet, zum Beispiel auf eBay oder auf einer Kleinanzeigen-Plattform, einen Artikel zum Verkauf an. Der Betrüger möchte diesen Artikel haben, möchte aber nichts dafür bezahlen. Er meldet sich bei dem redlichen Verkäufer als Interessent. Gleichzeitig bietet er denselben Artikel auf einer anderen Plattform an. Dort meldet sich ein Dritter als Interessent, dem gegenüber der Betrüger sich als der redliche Verkäufer ausgibt. Den Dritten veranlasst der Betrüger dann, direkt auf das Konto des redlichen Verkäufers zur überweisen, der daraufhin die Ware an den Betrüger versendet. Bis alles auffliegt, ist der Betrüger mit der Ware über alle Berge.
Der Dritte, der Geld bezahlt, aber keine Ware erhalten hat, erstattet nun Anzeige. Die IBAN, auf die das Geld überwiesen wurde, führt zu dem redlichen Verkäufer, der nun plötzlich Beschuldigter in einem Betrugsverfahren ist. Das ist ganz perfide, denn der redliche Verkäufer muss dem Dritten das Geld erstatten (Ungerechtfertigte Bereicherung, § 812 BGB). Er ist seine Ware los, und er hat dafür nichts bekommen. Er ist das eigentliche Opfer der Straftat, und nicht der Täter.
Diese Betrugsmasche gibt es in etlichen Varianten. Manchmal bietet der Betrüger einen anderen Artikel an, aber zum selben Preis. Der Verwendungszweck der Überweisung lautet dann einfach „eBay“, und der redliche Verkäufer schöpft keinen Verdacht.
Bei digitalen Inhalten, also Gutscheinen oder Freischaltcodes für Software oder Games, behauptet der Betrüger einfach, sie hätten nicht funktioniert, und eröffnet bei eBay einen Käuferschutz-Fall. Um keine negativen Bewertungen zu bekommen, willigt der redliche Verkäufer in eine Rückabwicklung ein, und überweist dem Betrüger auch noch das Geld „zurück“. So bekommt der Betrüger nicht nur die Codes, sondern auch noch das Geld. Der redliche Verkäufer hingegen ist doppelt angeschmiert. In dieser Konstellation ist es besonders frustrierend, wenn der redliche Verkäufer dann auch noch einen Strafbefehl im Briefkasten findet und als Angeklagter in die mündliche Verhandlung vor dem Strafrichter muss.